Vortrag bei der 4. IHVO-Fachtagung am 5.5.07

von Gabriele Drescher-Krumrey


Der „Club der starken Mädchen“ war eine Arbeitsgemeinschaft in meinem Kindergarten, die ich im Rahmen des IHVO-Zertifikatskurses Köln 2 entwickelt habe.

Ausgangspunkt war meine Beobachtung über viele Jahre, dass Mädchen oft

  • sehr vernünftig sind,
  • brav sind,
  • angepasst sind,
  • immer hilfsbereit sind,
  • leichter zu überzeugen sind,
  • sich im Spiel leiser verhalten,
  • mehr Verständnis für andere zeigen (müssen? sollen?),
  • durch Einfluss von außen ihre eigenen Bedürfnisse relativ schnell zurückstellen.

Mit meinem Club wollte ich Mädchen ein neues Umfeld zum Lernen zur Verfügung stellen. Sie sollten Erfahrungen sammeln, wie es ist, wenn sie nur mit Mädchen zusammen auf Entdeckungsreise gehen können.

Für mich persönlich konnte ich im Rahmen meiner Zusatzqualifikation am IHVO meine Vorstellung ausprobieren, eine gleichgeschlechtliche Gruppe im Kindergartenalter zu leiten. Ich entschied mich bewusst für die Mädchengruppe, da mich dieses Thema schon länger interessierte. Gleichzeitig bedauerte ich, dass ich aus Zeitgründen nicht parallel dazu die Jungengruppe leiten konnte, diese leitete eine Kollegin von mir.

Meine Erfahrungen wären ansonsten sicher vielfältiger und aussagekräftiger in Bezug zum unterschiedlichen Verhalten von Jungen und Mädchen in gleichgeschlechtlichen Kindergarten-Lerngruppen geworden. Inzwischen habe ich über zwei Monate eine reine Jungengruppe geleitet und auch dazu einige Erfahrungen gesammelt.


Warum Lina?

Als ich unsere Kindergartenkinder intensiv beobachtete, machte ich insbesondere bei Lina (Name geändert) eine interessante Entdeckung: Ich stellte fest, dass Lina sich, man kann sagen, perfekt auf ihre „Umwelt“ und deren Erwartungen an ihre Person einstellte und diese erfüllte.

Im Kindergarten fiel Lina durch ihr sehr ruhiges, zuverlässiges, ausdauerndes, besonnenes, beobachtendes, soziales und auch ehrgeiziges Verhalten auf. Lina äußerte nicht, dass es ihr langweilig war, sie fiel auch nicht durch aggressives Verhalten auf.

Sie war die Älteste von drei Geschwistern (zwei Mädchen und ein Junge), Lina war 5;9 Jahre alt. Die Eltern teilten uns in einem Gespräch mit, dass Lina zu Hause alle Anforderungen sicher und zuverlässig erfüllt. Sie haben keine besonderen Interessen und Begabungen beobachtet, ihnen war nur aufgefallen, dass Lina alle Bilderbücher langweilen und sie den Eltern oder Geschwistern die Buchauswahl überlässt.

Meinen Kolleginnen war seit einigen Wochen aufgefallen, dass Lina oft die Aufgabe der Erzieherinnen übernommen hatte, indem sie die Kinder aufforderte, sich an Regeln und Grenzen zu halten. Die Kinder akzeptierten Lina in ihrer Rolle, aber meine Kolleginnen waren besorgt, ob die Kinder dies auf Dauer annehmen würden. Sie versuchten Lina zu entlasten und ihr durch Gespräche deutlich zu machen, dass sie nicht für die anderen Kinder und deren Verhalten verantwortlich ist.

In den vier Wochen zuvor hatte sie sehr viel gewebt und gestickt. Ab und zu war sie auch in unserem Bewegungsraum und hatte dort mitgetanzt, Hütten gebaut, war fröhlich, ausgelassen und hatte auch mit gesungen und laut gerufen.

Dies war ein verändertes Verhalten von Lina, unserer Meinung nach ein wichtiger Entwicklungsschritt für sie.

Ich wollte durch meine Beobachtungen im Alltagsgeschehen und während meiner Angebote im Freispiel Linas verborgene Fähigkeiten und Begabungen erkennen und Begründungen für ihr Verhalten herausfinden.

Durch meine gezielten Beobachtungen wollte ich eine möglicherweise besondere Begabung oder möglicherweise eine Hochbegabung erkennen, um Lina angemessen in ihrer Entwicklung begleiten und fördern zu können.

Bei meinen Beobachtungen hatte ich bei Lina noch keine besonderen Interessen oder Begabungen festgestellt, und auch Lina stellte keine eigenen Forderungen oder teilte ihre besonderen Interessen mit. Diese Erfahrung motivierte mich, den „Club der starken Mädchen“ zu gründen. Ich wollte Lina und den anderen Mädchen die Möglichkeit bieten, ihre besonderen Interessen, Begabungen und Fähigkeiten herauszufinden.

Folgende Punkte haben mich zu der Ansicht gebracht, Lina in den Mittelpunkt meiner Überlegungen zu stellen:

  • Lina ist ein Mädchen.
  • Lina bleibt noch längere Zeit in unserer Einrichtung.
  • Lina findet ihre Bilderbücher zu Hause uninteressant.
  • Lina ist bei neuen Aufgaben, die sie interessieren, sehr ehrgeizig, ausdauernd und zielstrebig.
  • Lina beobachtet intensiv, was um sie herum passiert.
  • Lina zeigt eine große soziale Kompetenz.
  • Lina wirkt sehr ernst und introvertiert.
  • Lina stellt keine besonderen Forderungen an die Eltern und Erzieherinnen.


Ich wollte durch meine Beobachtungen im Alltagsgeschehen und während meiner Angebote im Freispiel Linas verborgene Fähigkeiten und Begabungen erkennen und Begründungen für ihr Verhalten herausfinden.

Durch gezielte Beobachtungen kann ich eine mögliche besondere Begabung oder eine mögliche Hochbegabung erkennen, um Lina dann angemessen in ihrer Entwicklung begleiten und fördern zu können.


Lernmöglichkeiten, die ich für Lina schaffen wollte:

Lina soll durch die ganzheitlichen Erfahrungen mit ihrer Person und den Erfahrungen mit den anderen Mädchen der Gruppe lernen:

  • ihr Selbstbewusstsein zu spüren und anzunehmen
  • mutig ihre Bedürfnisse einzufordern
  • sich für ihre Bedürfnisse einzusetzen
  • auch für ihre Spiel- und Lernbedürfnisse zu kämpfen

Sie sollte nicht ihre Fähigkeit, sich auf andere einstellen zu können vertiefen, sondern erfahren:

  • Was kann ich mit mir, für mich, mit anderen Mädchen zusammen erleben?
  • Was macht mir dabei Freude?
  • Was spricht dabei meine Bedürfnisse an und befriedigt mich?
  • Welche Wünsche habe ich dabei entdeckt, die mir noch nicht deutlich waren?

Meine Beobachtungen von Lina nach nur wenigen Clubangeboten waren sehr positiv für mich und vor allem für Lina. Ich sah Lina öfter Spiele spielen, die ihren Fähigkeiten entsprachen, und sie spielte sie vermehrt mit gleichaltrigen Kindern der Gruppe.

Sie war beim Spielen fröhlicher, lachte und hüpfte öfters zwischen den Spielschritten durch den Raum. Dieses Verhalten hatte ich zuvor so nicht beobachten können, sie war eher ernst und verschlossen gewesen.


Zielsetzung für alle Kinder im „Club der starken Mädchen“:

Ich wollte durch meine Angebote bei Lina und allen „Starken Mädchen“ besondere Begabungen, Fähigkeiten und Bedürfnisse bewusst machen, fördern und stärken. (Das Alter der anderen Mädchen war: 5,0 bis 5,9 Jahre.)

Vor allem diese Ziele waren mir wichtig:

  • Stärken des Selbstwertgefühles.
  • Erkennen der eigenen Fähigkeiten und Bedürfnisse.
  • Welche Sinne und Eigenschaften stehen ihnen zur Umsetzung ihrer Bedürfnisse zur Verfügung?
  • Was und wie können sie ihre Fähigkeiten und Bedürfnisse für sich einsetzen?
  • Wer kann sie bei der Umsetzung ihrer Bedürfnisse unterstützen?
  • Mit welchen eigenen Mitteln und Fähigkeiten können sie sich Hilfe anfordern?
  • Welche Fähigkeiten haben sie bei sich geweckt, was macht ihnen auch noch viel Freude und was interessiert sie auch noch?
  • Wie können sie ihrer Umwelt zeigen, welche Interessen, Bedürfnisse und Fähigkeiten in ihnen vorhanden sind?
  • Fähigkeiten zur Kontaktaufnahme fördern und stärken.
  • Das anstehende Gruppenthema vertiefen.
  • Wissen erweitern.
  • Lernprozesse in einer gleichgeschlechtlichen Gruppe erfahren.


Aufbau und Methoden der Angebote:

Bei meinen Angeboten war es mir wichtig, folgende Punkte zu beachten:

  • Zielgruppe und Kind
  • Themenauswahl
  • Begründungen für das Thema
  • Zielsetzungen zum Thema in Bezug zum einzelnen Kind und zur Gruppe
  • Fragestellungen aus der Sicht des Kindes / der Kinder
  • Förderung aller Sinne durch ganzheitliche Erfahrungen
  • Wissenserweiterung durch Freude am Lernen erreichen

Die Angebote umfassten folgende Tätigkeiten:

  • malen, basteln,
  • sprechen, singen, rufen, schreien
  • spielen,
  • springen, laufen, tanzen toben
  • meditieren, träumen, fühlen, erspüren
  • überlegen, nachdenken, ausdenken
  • nichts tun, da sein
  • erfinden, erforschen, erkennen
  • Exkursionen,
  • Theater spielen, aufführen
  • sich selbst zeigen, darstellen
  • Freude am und beim Lernen erleben
  • Ich sein


Einstieg: Fragen - Antworten „Was ist ein starkes Mädchen?“:

In den ersten Clubstunden sollten sich die starken Mädchen mit folgenden Punkten auseinandersetzen:

  • Was liebe ich an meiner Person?
  • Was mache ich am liebsten?
  • Was kann ich alles mit meinen Fähigkeiten machen?
  • Was macht viel Spaß – was macht keinen Spaß?
  • Was macht mir viel Spaß, aber andere mögen mich dann nicht mehr!
  • Welche Fähigkeiten und Bedürfnisse erkenne ich noch für mich?
  • Welche Möglichkeiten kann ich noch kennen lernen, um mich in und mit meiner Person deutlicher wahrzunehmen und immer wohler zu fühlen?

Der Einstieg war die Auseinandersetzung mit der eigenen Person:

„Welche Eigenschaften, Fähigkeiten und Begabungen zeigen uns, warum wir ein „Starkes Mädchen“ sind?

Zunächst diskutierten wir die Frage:

„Was ist ein starkes Mädchen?“

Die Antworten der Mädchen waren alle auf die körperliche Kraft ausgerichtet, z.B. „wenn man treten kann“, „wenn man nicht weint.“

Dann kam die Frage:

„Was liebe ich, und was ist mir an mir wichtig?“

Für Lina waren die Augen sehr wichtig, damit sie nicht blind rumlaufen muss, für ein anderes Mädchen war der Mund wichtig, um reden und essen zu können.

Nächste Frage:

„Was kann ich alles mit mir tun?

Die Kinder gaben viele Antworten: Ich kann ... laufen, springen, ruhig liegen, sitzen, zuhören, schreien, singen, malen, klatschen, sehen, denken, fühlen, erzählen.

„Welches Organ ist unbedingt erforderlich, um alle meine Bedürfnisse zu erspüren, meine Fähigkeiten einzusetzen und zu erweitern und meine Vorstellungen umsetzen zu können?“

Die Antwort, die die Kinder fanden, dass eines unserer wichtigsten Körperteile das Gehirn ist, war eine grundlegende Erkenntnis für alle weiteren Clubstunden.

Das Gehirn zu nutzen, haben auch die „Starken Mädchen“ als prima Möglichkeit erkannt, ihre Interessen herauszufinden und ihnen nachzugehen.


Die Clubstunden:

Der „Club der starken Mädchen“ fand regelmäßig einmal pro Woche im Kindergartenjahr 2005/2006 statt. Diesen Zeitrahmen würde ich nach meinen Erfahrungen auch empfehlen.

Nach dem gelungenen und interessanten Einstieg war die weitere Zusammenarbeit mit den „Starken Mädchen“ geprägt durch Neugierde, was wir als nächstes entdecken und ausprobieren würden. Dadurch war es nicht erforderlich, die Mädchen erneut zu motivieren am Club teilzunehmen.

Der Aufbau der Clubstunden hatte folgende Schwerpunkte

  • Wissenserweiterung
  • Spiel
  • Selbsterfahrung
  • Selbstwahrnehmung

Diese Punkte sind nicht immer klar zu trennen, da sie fließend ineinander übergehen und für mich Grundlage einer ganzheitlichen Förderung sind.

Der Erfolg des Clubs bestätigt diese Methode.

Der Club entwickelte eine Eigendynamik, und mir wurde nochmals deutlich, dass wir Kindern nur ein ideales Umfeld bieten und ihr Selbstbewusstsein gezielt stärken müssen. Dadurch kann Lernen als Lust und mit Freude erfahren, wahrgenommen und gelebt werden.

Im „Club der starken Mädchen“ haben die Mädchen ihr Lernfeld gefunden und wahrgenommen. Im Club waren sieben Mädchen, davon waren sechs Mädchen sehr fit, nur ein Mädchen hatte durch ihre Sprachprobleme teilweise Schwierigkeiten. Die anderen Mädchen haben ihr durch ihre soziale Kompetenz immer Unterstützung angeboten. Ich habe keine Situation beobachtet, in der die pfiffigen Mädchen sie ausgegrenzt hätten.

Die weiteren Themen in unserem Club orientierten sich an unseren Kita–Themen:

„Fühlen, wie es schmeckt!“

und

„Forscher, Künstler und Erfinder, ja das interessiert uns Kinder!“

Im Folgenden stelle ich zwei ausgewählte Angebote für den Club dar,

etwas über die anderen Clubstunden können Sie hier lesen:

Die Treffen des Clubs der starken Mädchen


Angebot:

Welche Körperteile ermöglichen es uns, unseren Körper zu bewegen?

Ort: Turnhalle

Uhrzeit: 10.00 - 11.15 Uhr

Gruppe: Club der starken Mädchen

7 Mädchen (mit Lina)

Vorüberlegungen:

Ich will meinem Club bewusst machen, wie wichtig es ist, alle Sinne, das Gehirn, aber auch die Knochen mit ihren Gelenken, Muskeln und Sehnen zu besitzen und benutzen zu können. Vielleicht kommen die Mädchen auch noch auf weitere wichtige Organe ihres Körpers.

Wir wollen gemeinsam die Aufgaben und Funktionen der Gelenke herausfinden und auch ausprobieren.

Durch das Spiel mit den Zeitungen (siehe unten) können sie deutlicher beschreiben, was sie alles gemacht haben, und erkennen dadurch besser, warum dies nur mit Hilfe ihrer eigenen Gelenke möglich ist.

Zum Kennenlernen der unterschiedlichen Gelenke unseres Körpers setze ich ein weiteres Spiel ein. Dadurch sollen sie herausfinden, welche Funktionen jedes Gelenk hat und wie notwendig diese Fähigkeiten der einzelnen Gelenke für uns Menschen sind. Wenn es möglich ist, möchte ich auch Verbindungen zur Technik, zum Beispiel vom Scharniergelenk (Knie, Ellenbogen) zum Türgelenk herstellen.

Spiel: „Außer Rand und Band“

In der Turnhalle habe ich Zeitungen ausgebreitet, so dass ein großer Zeitungshaufen entstanden ist. Die Mädchen erhalten von mir - bevor sie die Turnhalle betreten - die Aufgabe, sich einfach anzuschauen, was ich für sie vorbereitet habe und was ihnen dazu einfällt.

Sie sollen überlegen:

Sie probieren mutig, was sie alles mit den Zeitungen machen können: zerknüllen, zerreißen, werfen, darauf rutschen, toben, schreien, rufen, lachen sich einfach mit viel Lust auf dieses Spiel einlassen.

Die Mädchen setzen alle ihre Vorstellungen um und nutzen ihre körperlichen Fähigkeiten.

Wir räumen gemeinsam die Zeitungen ein.

Gespräch/Austausch

Wir setzen uns zusammen und tauschen aus, wie ihnen dieses Spiel gefallen hat. Ich möchte dabei mit ihnen gemeinsam herausfinden, welche körperlichen Fähigkeiten ihnen dieses Spiel ermöglicht haben.

Bewegungsspiel:

Wir stehen im Kreis und sind ganz steif, da wir keine Gelenke besitzen.

Können wir uns bewegen?

Wir beginnen mit dem Ellenbogen und dem Kniegelenk, und ich erkläre, wie diese Gelenke heißen. Wir probieren aus, in welche Richtungen wir diese Gelenke bewegen können.

Mit dieser Spielform bringen wir nach einander alle unsere Gelenke mit ins Bewegungsspiel, probieren sie dabei aus und erspüren, wodurch wir beweglich werden und wie unsere Gelenke heißen.

Arbeitsblatt 3:

Anschließend erhält jedes Mädchen eine Kopie mit einem aufgezeichneten Skelett. Wir schauen es an und suchen die einzelnen Gelenke, die wir im Bewegungsspiel besser kennen gelernt haben.

Die Gelenke malen wir mit unterschiedlichen Farben an, um die Gelenke zuordnen zu können, z.B. Scharniergelenk: Knie und Ellenbogen.

Arbeitsblatt 4:

Ein weiteres Bild zeigt genauer, wie die unterschiedlichen Gelenke aussehen, und wir überlegen gemeinsam, wo wir in unserer Umwelt Gelenke wieder erkennen, zum Beispiel beim Türgelenk, bei der Brille, beim Kran, bei der Autoschaltung.

Zum Abschluss probieren wir nochmals unsere Gelenke mit Musik und Tanz aus.

Die Clubteilnehmerinnen heften alle Bilder und Arbeitsblätter ab.

Beobachtungen und Auswertung:

Die Mädchen sind neugierig, was sie nach meiner Einführung in der Turnhalle vorfinden werden, aber keine fragt intensiver nach, ob ich nicht noch mehr erkläre.

Sie betreten vorsichtig die Turnhalle und schauen auf den Zeitungshaufen. Tina rutscht etwas auf einer Zeitung aus, schaut auf mich, ich nicke ihr bestätigend zu, und sie beginnt nun absichtlich auf der Zeitung zu rutschen. Elise nimmt ein Blatt der Zeitungen und schaut sich die Bilder an. Melisa lacht und ist unsicher, was sie machen darf, soll oder will? Lina geht vorsichtig auf den Zeitungshaufen, und auch ihr nicke ich zu, dass es in Ordnung ist, was sie tut.

Nach etwa drei Minuten werden sie mutig und laufen auf den Zeitungen herum, knüllen sie zusammen, zerreißen ein Blatt, lachen und rufen sich zu, was man noch damit machen kann. Nach etwa 15 Minuten bewerfen sie sich mit den Zeitungen und sind schon leicht erhitzt und auch entspannt.

Da sie viel Spaß beim gegenseitigen Bewerfen und Auffangen der Zeitungen haben und ich diese Spielphase auch beenden möchte, mache ich einen Spielvorschlag.

Ich schlage vor, wir bedecken jedes Mädchen, das will, mit vielen Zeitungen - und wenn wir dann laut schreien oder etwas rufen, springt das Mädchen auf, und die Nächste ist dran. Mein Spielvorschlag wird angenommen, und mit riesigem Spaß melden sich alle nach einander.

Melisa, Laura, Elise und Tina (alle Namen geändert) melden sich sofort, und wir müssen die Reihenfolge festlegen. Anschließend legt sich sofort Ayse auf die Matte. Nina und Lina warten die ganze Zeit ab. Jetzt sind nur noch die beiden übrig, und ich beobachte die zwei, wer ist wohl die Nächste? Gleichzeitig legt Nina sich auf die Matte, und Lina sagt: “Ich will auch!“ Das erlebe ich zum ersten Mal, dass Lina nicht bis ganz zum Schluss abwartet und sich vorher alleine meldet. Leider war Nina schneller, da sie sofort handelte und es nicht nur mitteilte. Lina machte bei diesem Spiel intensiv mit und war insgesamt nicht so zurückhaltend, wie ich sie sonst beobachtet habe.

Anschließend tauschten wir aus, welche Fähigkeiten wir gebraucht haben, um mit den Zeitungen spielen zu können. Sie kamen sehr schnell auf die Augen, Hände, Beine und ihre Fähigkeit nachzudenken, sich eigene Ideen auszudenken und sie umzusetzen.

Die Frage, was sie sonst noch an körperlichen Voraussetzungen benötigen, beantworteten sie sehr schnell mit Muskeln, Knochen.

Diese Antworten machten es mir leicht, auf mein Ziel - nämlich die Knochen und speziell die unterschiedlichen Gelenke - mit den Mädchen hin zu arbeiten.

Ich zeigte und besprach mit ihnen das Arbeitsblatt 3 „Das Skelett“ sofort, da ich dies als Spieleinstieg in der entstandenen Situation für angebracht hielt. Elise und Laura äußerten, dass das Bild auch etwas gruselig sei, Lina schaute es nur konzentriert an und hörte zu. Wir spielten im Stehen weiter, alle Mädchen machten intensiv mit, probierten und wiederholten die Bewegungen der Gelenke.

Alle erhielten jetzt die Arbeitsblätter 3 und 4, und ich erzählte ihnen, wie viele Knochen ein Mensch hat und dass sie alle wichtige Funktionen haben. Wozu wir die Gelenke brauchen, erzählten sie schon ohne direkte Nachfrage von selber. Wir ordneten die einzelnen Gelenke unserem Körper zu und probierten ihre Funktion nochmals aus.

Anschließend sollten sie auf dem Skelett die Gelenke in unterschiedlichen Farben kennzeichnen. Alle machten sich an die Aufgabe. Während Laura ihr Tun kommentierte, arbeiteten die anderen an ihrem Arbeitsblatt, stellten nur kurze Zwischenfragen.

Lina war wieder ruhig, wirkte konzentriert und interessiert. Sie stand auch nicht im Vordergrund, hatte keine zusätzlichen Fragen und auch keine Unsicherheiten zur gestellten Aufgabe. Bei diesem Arbeitsblatt war für mich wieder auffallend, dass sie die Aufgabe sofort verstanden und umgesetzt hat. Sie war in sehr kurzer Zeit fertig und hatte dabei selbstständig und eigenverantwortlich gehandelt.

Als Lina fertig war, sprach sie mich an: „Gabi, ist es schlimm, dass ich nur eine Farbe genommen habe?“ Ich antwortete ihr: „Wenn du dich für eine Farbe entschieden hast, ist es in Ordnung. Du hast ja jetzt die Gelenke kennen gelernt!“ Lina antwortete: „Ja ich kenne die Gelenke auch so.“

Vorausschau:

Die Mädchen sind sehr wissbegierig, wollen Neues lernen und ausprobieren.

Ein Kind, Luisa, fehlte bis jetzt immer wegen Krankheit und Urlaub.

Ayse ist in der Gruppe überfordert, da sie noch große Sprachprobleme hat. Ich muss mit meinen Kolleginnen über einen Clubwechsel beraten. (Es gibt in unserer Kita ständig mehrere Clubs, die parallel laufen.)

Elise, Laura und Tina sind auch privat oft zusammen, sie sind lebhaft, neugierig und wollen unbedingt lernen. Nina und Lina sind die ruhigen Kinder des Clubs.

Nina beobachtet intensiv und genau, sie ist aber nicht so sicher wie Lina, sie führt zum Beispiel Aufgaben sehr genau aus und hat nicht diese Sicherheit, ihre eigene Entscheidungen zu treffen wie Lina.

Lina wirkt oft sehr sicher und selbstbewusst, wenn sie zuhört und die für sie wichtigsten oder selbstverständlichen Punkte zusammenfasst. In den Momenten bin ich immer wieder erstaunt und erfreut, was in Lina noch verborgen ist. Ich habe noch immer keinen Interessenschwerpunkt erkennen können, sie ist einfach bei allen Themen aufmerksam und lässt sich darauf ein.

In der nächsten Woche werde ich noch die Muskeln thematisieren, da nur die Knochen und Gelenke allein nicht genutzt werden könnten.

Wichtig ist für mich - nach den Erfahrungen der ersten drei Clubstunden -, den Mädchen Wissen zu vermitteln, Erfahrungen mit ihrem Körper zu ermöglichen und sie dadurch in ihrem Selbstwertgefühl, ihren Empfindungen, ihrem Mut aber auch ihren Aggressionen positiv zu unterstützen und sich dadurch als „Starkes Mädchen“ zu fühlen und weiter zu entwickeln.


Angebot:

Experiment „Woher hat die Möhre ihre Farbe?“

Ort: Hort-Gruppenraum

Uhrzeit: 9.30 – 11.00 Uhr

Gruppe: Club der starken Mädchen

4 Mädchen (mit Lina)

Vorüberlegungen:

Nachdem ich in den vorherigen Angeboten mit den Mädchen herausgearbeitet habe, welche Eigenschaften und Fähigkeiten ein „starkes Mädchen“ auf körperlicher Ebene braucht und hat, möchte ich im nächsten Schritt ihr Wissen noch weiter vertiefen.

Da ich noch nicht die Interessengebiete (außer Bewegung in jeder Form) der Mädchen im Einzelnen erkannt habe, orientiere ich mich bei meinen nächsten Angeboten am Kindergartenthema.

Das Thema im Kindergarten zur Vermittlung gesunder Ernährung lautet „Fühlen wie´s schmeckt“.

Ich möchte in meinem Club dazu ergänzende Angebote machen.

Die Kinder haben sich in verschiedenen Angeboten mit Obst und Gemüse beschäftigt, so dass ich zwei Experimente dazu mit meinem Club machen werde, um das Wissen der Mädchen zu vertiefen.

Wiederholung:

Ich werde kurz wiederholen, warum es so wichtig war, uns mit dem Gehirn, den Knochen und Gelenken und den deutlich sichtbaren Muskeln zu beschäftigen.

Fragestellung:

Ich werde als Einstieg zum Thema Ernährung die Frage klären:

„Wodurch erhalten wir unsere Gesundheit“, behalten unsere Kraft und können überhaupt leben?“

Die Frage bezieht sich auf äußere Bedingungen, wie zum Beispiel gesunde Ernährung, gute Wohnverhältnisse, intakte Umwelt.

Beim Punkt gesunde Ernährung werde ich Bezug zum Thema in der Gruppe herstellen. Meine Vorstellung ist es, dass die Gruppe ihr schon vorhandenes Wissen zum Thema abrufen wird und mit in den Club einbringt. Da sie über Gemüse gesprochen haben, werden sie sicher auch die Möhre erwähnen, besonders weil Möhren-Rohkost bei unseren Kindern sehr beliebt ist.

Dies ist der Einstieg zu meinem Experiment mit der Möhre.

Experiment: „Woher hat die Möhre ihre Farbe?“

Ich stelle alle Materialien auf den Tisch und bespreche sie mit den Kindern.

Anschließend erkläre ich ihnen, was wir heute damit machen wollen, und beginne auch sofort mit der Ausführung des Experimentes.

Während des Experimentes erkläre ich, was wir tun und warum wir es so tun und beziehe die Mädchen mit gezielten Fragen dabei mit ein.

Sie sollen aktive Teilnehmerinnen sein und nicht nur nach meinen Anweisungen etwas ausführen. Mir ist es wichtig, dass sie alle Schritte mit nachvollziehen können, und dass sie darüber nachdenken, warum wir dies wohl tun. Ich bin für die Vermittlung des Hintergrundwissens zuständig.

Nach dem Experiment sollen die Mädchen den Ablauf des Experimentes aufmalen und dadurch vertiefen, was sie gemacht haben.

Abschluss:

Da alle Arbeitsblätter in eine Mappe geheftet werden, will ich heute das Deckblatt mit dem Namen der Mädchen gestalten lassen.

Auswertung:

Es waren nur vier Mädchen anwesend, dies war auch sehr gut, um unser Experiment durchzuführen.

Sie waren neugierig, was wir wohl heute machen würden. Wir waren nicht - wie sonst üblich - in der Turnhalle, und es waren Materialien bereitgestellt, die nicht wirklich erkennen ließen, was wir machen wollten.

Die Mädchen versuchten schon beim Betreten des Raumes zu raten. Melisa meinte, wir backen einen Kuchen. Ich forderte sie auf, sich einen Platz am Tisch zu suchen, weil wir erst miteinander reden wollten.

Lina und Nina hörten sich meine Fragen ruhig an, während Melisa und Lara immer neue Vorschläge machten, was wir machen könnten. Es kamen von ihnen Ideen wie zum Beispiel backen, Suppe kochen oder nur essen. Nachdem sie sich beruhigt hatten und wir miteinander austauschten, was für unsere Gesundheit wichtig ist, teilten sie ihr Wissen über Obst und Gemüse mit. Wir waren sehr schnell bei Mineralstoffen und Vitaminen angekommen.

So hatte ich schnell meinen Einstieg, und wir legten mit unserem Experiment los.

Wir schauten uns die Möhren-Wasser-Mischung genau an und stellten fest, das dass Wasser leicht Farbe angenommen hatte. Anschließend durfte Jede Öl zu diesem Gemisch geben, und abwechselnd rührten alle intensiv um. Bei diesem Tun arbeiteten sie gut zusammen und hatten keine Probleme, die Reibe oder das Öl weiterzugeben, damit Jede dran kam.

Beim Beobachten der Mischung waren sie ruhig und konzentriert und warteten meine Fragen ab. Es schien für alle spannend zu sein, was noch weiter passiert. In anderen Situationen reden sie -außer Lina- alle gerne und haben meist nicht viel Geduld und wollen ihre Überlegungen sofort mitteilen.

Ich habe Lina als erste angesprochen, und sie beschrieb unsere Mischung genau. Nach Zugabe des Öls wurde das Wasser mit dem Öl ganz orange. Melisa meinte, es wäre eher rot, und Lina meinte darauf hin, gelb wäre auch noch in der Farbe.

Alle wollten diese Möhrenmischung probieren. Sie schmeckte ihnen nicht besonders, aber alle probierten mehrmals und schüttelten sich anschließend. Sie hatten erwartet, dass diese Mischung wie unsere Möhrenrohkost zum Mittagessen schmeckt. So erklärte ich ihnen noch die weiteren Zutaten in unserem Salat. Dies fanden sie interessant und wollten ihn noch lieber essen, da das Vitamin Beta-Karotin so wichtig für ihre Haut ist und sie vor dem Licht schützt.

Ich stellte anschließend die Aufgabe, das Experiment zu malen. Lina sagte darauf: „Ich male, was wir gemacht haben!“ Sie äußert sich eher selten so spontan. Lina legte sofort los und malte als einzige den Verlauf, ohne den Bezug herzustellen, dass die Möhre in der Erde wächst. Lina trennte ihr Allgemeinwissen über die Möhre und erledigte die neu gestellte Aufgabe. Melisa, Laura und Nina malten die Möhre in der Erde, da sie diese Zuordnung mit der Gesamtgruppe gelernt hatten und ihnen dieses Wissen wichtig erschien. Sie malten die weiteren Materialien dazu, nachdem sie auf Linas Bild geschaut hatten. (Wie sie ohne Linas Bild gemalt hätten kann ich nicht sagen, es sind aber auch sehr aufmerksame Mädchen.)

Lina malte eine große Möhre, die Reibe, die Ölflasche, das Sieb zum Absieben der Wasser-Öl-Möhren-Mischung am Ende des Experimentes und das Glas mit der Restflüssigkeit.

Das Öl hatte sich wieder vom Wasser getrennt und war von der Möhre rötlich eingefärbt. Lina hat das Wasser als gleichmäßige Fläche dargestellt und darüber die Fettkügelchen. Sie orientierte sich nicht an den anderen Mädchen, sie schaute zwar ab und zu auf die Bilder der anderen und schien etwas nachdenklich zu sein, ob ihr Bild wohl richtig wäre. Sie schaute auch zu mir, und ich nickte ihr zu oder lobte sie.

Ich bestätigte auch die Anderen und stellte zur Unterstützung auch allgemein die Frage, was wir noch bei unserem Versuch benötigt und was wir beobachtet hatten.

Bei diesem Angebot konnte ich gut beobachten, dass Lina die Aufgaben genau versteht und selbstständig umsetzt. Sie sieht, wenn sie kurz ihre Arbeit unterbricht, nachdenklich aus und scheint die Gruppe zu beobachten und zu überlegen, ob alles richtig ist, was sie tut.

Sie braucht deshalb manchmal etwas mehr Zeit als die anderen Mädchen, die oft auch kommentieren, was sie tun werden oder tun.

Während meiner Angebote zum Club der starken Mädchen konnte ich beobachten, dass Lina alle Aufgaben sehr zügig, konzentriert, selbstständig und kreativ bearbeitet hat.

Bei der Gestaltung des Deckblattes für ihre Mappe machte ich wieder sehr ähnliche Beobachtungen. Lina hörte die Aufgabe, schaute sich die Materialien an und legte einfach ruhig und konzentriert los. Laura und Melisa tauschten erst ihre Farbvorstellungen aus und klebten und malten erst, als Lina fertig und Nina fast fertig war.

Sie bemerkten auch nicht die meditative Musik, die ich aufgelegt hatte. Lina hat großes Interesse an Musik, sie bemerkt Musik immer sofort und äußert sich auch, ob sie ihr gefällt. Meistens gefällt sie ihr, und so meinte sie: „Das ist aber schöne Musik“ und ich antwortete ihr: „Ja, ich mag sie auch sehr gerne, es ist Musik von Kitaro.“ Lina nickte und arbeitete weiter, Nina hat dies mitgehört und nickte ebenso zustimmend.

Als Nina und Lina fertig waren, konnten sie auswählen, ob sie schon in die Gruppe zurückgehen oder ob sie noch bei uns bleiben wollten. Beide wollten warten und noch malen, dies war für Laura und Melisa ein Grund sich zu beeilen, da sie unbedingt auch noch ein zusätzliches Bild malen wollten. Wir räumten nach 1,5 Std. gemeinsam auf.


Schlussfolgerungen zum „Club der Starken Mädchen“:

Die „starken Mädchen“ machten vielfältige Erfahrungen im Club. Sie experimentierten, entdeckten, hinterfragten, spielten, malten, bewegten sich, tanzten, erzählten, besuchten, besichtigten, lernten kennen, hatten Spaß, erweiterten ihr Wissen, erweiterten ihr Selbstbewusstsein und entwickelten sich zu noch stärkeren Mädchen.

Lina hat durch den Club sicher am deutlichsten an Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen und Mut zum unabhängigem Denken und Handeln gewonnen. Sie ist aufgeschlossener, fröhlicher geworden und kann ihre Gefühle besser wahrnehmen, äußern und ausleben. Sie kann dadurch auch offener und unbedenklicher auf Andere zugehen. Lina hat zu zwei Mädchen aus dem Club eine Beziehung aufgebaut, und ich hoffe diese Beziehungen bestehen noch weiter.

Sie zeigte im Club großes Interesse, schreiben und lesen zu lernen und sie hat ein sehr gutes mathematisches Verständnis. Lina erkennt wesentliche Zusammenhänge in kurzer Zeit und kann diese zusammenfassen und wiedergeben.

Nachdem sie sich im Club sicher fühlte, beteiligte sie sich immer schneller am Gespräch und meldete sich auch als Erste zu Wort. Ihre anfänglich abwartende Haltung und Rücksichtnahme veränderten sich, und sie konnte für sich und ihre Bedürfnisse Raum einnehmen.

Sie malt gerne, aber sie zeigt keine besondere Begabung beim Malen. Ihr besonderes Interesse gilt der Musik, Lina singt sehr gerne und auch sehr gut.

Weitere Themen, die ihr Interesse ansprechen, habe ich nicht beobachten können, aber sie ist allen aktuellen Themen gegenüber aufgeschlossen und arbeitet aktiv daran mit. Sie stellt sich allen Herausforderungen, denkt gerne darüber nach und teilt ihre Überlegungen der Gruppe mit.

Diese Sicherheit, dass ihre Gedanken und ihr Wissen für andere interessant sind, hat sie in den Clubstunden erfahren und gewonnen.

Lina hat die Aufgaben beim Schultest sehr selbstbewusst, zügig und perfekt durchgeführt. Nach Aussage der Mutter war die Ärztin von Lina und ihrer Arbeitsweise überrascht und begeistert. Bei unserem Schulbesuch mit allen Vorschulkindern konnte Lina alle Aufgaben selbstständig - und schneller als die sie begleitende Schülerin - erledigen. Die Schülerin fragte mich, warum Lina schon soviel lesen und rechnen kann, da sie doch noch nicht in die Schule gehen würde. Lina sagte, ich kann das eben schon, aber sie freute sich sehr über diese Erfahrung. In der folgenden Zeit teilte sie mir oft mit: „Ich freue mich auf die Schule“.

Insgesamt wollten alle starken Mädchen endlich zur Schule gehen, was für alle Mädchen außer einem „Kann-Kind“ auch bevorstand, da sie schulreif und schulpflichtig waren.

Die „starken Mädchen“ und auch ich erfuhren, dass Mädchen in einer gleichgeschlechtlichen Gruppe sehr partnerschaftlich, unterstützend, verständnisvoll und kommunikativ lernen können.

Lernen funktioniert auch ohne Konkurrenz, Kampf, Herabsetzung und Missachtung. Mit gegenseitigem Verständnis, Hilfestellungen und gemeinsamen Zielen ist Lernen durch Freude und nachhaltiges Wissen geprägt.

Mein „Club der starken Mädchen“ ist ein Angebot, das hoch begabten Kindern, aber auch allen Kindern der Gruppe eine angemessene Förderung ihrer Fähigkeiten, Begabungen und Interessen anbietet.

Wir Erzieherinnen sollten über die Möglichkeiten nachdenken, wie wir unseren Kindern in den Kitas nach unterschiedlichen Kriterien Projekte anbieten könnten:

  • Entwicklungsstand
  • Geschlecht
  • Fähigkeiten
  • Interessen
  • Begabungen
  • Ressourcen der Erzieherinnen
  • Ressourcen der Eltern
  • Ressourcen der Einrichtungen

Mein Projekt „Club der Starken Mädchen“ ist für mich selbst mit immer neuen Herausforderungen in meiner Arbeit verbunden. Sie macht mich lebendig und macht mir sehr viel Freude (nicht nur den Kindern).

Deshalb möchte ich diesen Weg weiterentwickeln und hoffe, dass durch die zurzeit stattfindende öffentliche Diskussion um Jungenförderung nicht wieder die Mädchen vergessen werden. Für mich steht die Förderung aller Kinder im Mittelpunkt.

Gabriele Drescher-Krumrey ist Erzieherin und leitet eine Kindertagesstätte (Elterninitiative) in Köln.

IHVO-Zertifikat 2006

Datum der Veröffentlichung: 5.5.07 /Version 5.5.07